Kostenloser Busverkehr in Walldorf

Ende 2023 wurde im Gemeinderat über die Abrechnungsmodalitäten des kostenlosen Busverkehrs in Walldorf debattiert. Hierzu hielt unsere FDP-Stadträtin Paula Glogowski folgende Stellungnahme:

„Die FDP-Fraktion steht hinter dem kostenlosen Busfahren in Walldorf. Das Angebot wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern gerne genutzt und vor allem die Schülerinnen und Schüler sowie Seniorinnen und Senioren profitieren davon. Dennoch hinterlassen die aktuellen Kostensteigerungen einen unguten Beigeschmack bei uns und lassen vor allem viele Fragen offen.

Wie ist es möglich, dass sich der anfänglich von der VRN kalkulierte Betrag von 53.000€ pro Jahr inzwischen etwa versechfacht hat?
Es stellt sich die Frage: Fahren tatsächlich derart viele Menschen mit dem Bus in Walldorf, oder gibt es hier Fehler im Buchungssystem? Am Wochenende haben mein Fraktionskollege Fredy Kempf und ich mal wieder eine Testfahrt gemacht. Das Ergebnis: Wir sind vorne in einen Bus eingestiegen, haben gesagt, dass wir zur Astoria-Halle fahren möchten, aber ein Ticket wurde uns nicht ausgegeben. Wie kann es sein, dass viele Fahrgäste gar kein 0€-Ticket erhalten, aber die Zahlen dann dennoch so in die Höhe schießen? Wann werden diese Tickets verbucht, wenn nicht direkt beim Einstieg der Passagiere? Auf der anderen Seite kann man immer wieder beobachten, dass auch für Mitfahrer, die eine Dauerkarte wie beispielsweise das Deutschlandticket haben, dennoch ein „0€-Ticket“ gelöst wird - Das ist nicht in Ordnung.

Im Frühjahr hat meine Fraktionskollegin Dagmar Criegee bei der ersten Kostensteigerung bereits darauf hingewiesen, dass uns eine Verifizierung der tatsächlichen Fahrgäste fehlt. Die Stadt bringt hier einen enorm hohen Betrag auf, ohne sicherstellen zu können, dass die bezahlte Leistung auch tatsächlich erbracht wird. Eigentlich undenkbar!

Doch welche Alternativen gibt es? Eine Verifizierung der Fahrgastzahlen wäre dringend notwendig. Die Verwaltung hat in ihrer Vorlage dargestellt, dass zum aktuellen Zeitpunkt eine Nachrüstung mit automatischen Fahrgast-Zählsystemen etwa 210.000€ kosten würde, die die Stadt selbst tragen müsste. Da die Linienbündel allerdings 2025 beziehungsweise 2026 neu ausgeschrieben werden, wäre eine solche Investition nicht vertretbar. Es bleibt also im Prinzip nur die Möglichkeit, eine Pauschalisierung der Fahrgastzahlen auf Basis der Zahlen aus 2023 vorzunehmen. Dies hätte den Vorteil, dass im Bus gar keine Tickets mehr ausgegeben werden müssen und dass die Stadt gegen weitere Kostensteigerungen abgesichert wäre. Dieser Variante werden wir uns auch anschließen, da sie aus unserer Sicht aktuell die einzig praktikable Option ist. Wirklich zufrieden sind wir damit allerdings nicht. Wir haben ehrlich gesagt das Gefühl, dass die Stadt Walldorf hier überbordend zur Kasse gebeten wird. Ich habe eingangs ja bereits darauf hingewiesen, dass wir die hohen Fahrgastzahlen grundsätzlich in Frage stellen. Doch selbst bei denjenigen, die das kostenlose Busfahren tatsächlich nutzen, zahlt die Stadt aus unserer Sicht zu viel. Dafür möchte ich zwei Begründungen anführen:

  1. Für jede „kostenlose“ Busfahrt wird der Stadt der volle Fahrpreis von 1,90€ berechnet und das auch, wenn jemand nur eine Station fährt. Das kostenlose Busfahren hatte ja gerade die Intention, dass der Bus für kurze Strecken über ein oder zwei Haltestellen genutzt wird. Wir finden es daher nicht verhältnismäßig, dass der Stadt für jede Fahrt der volle Ticketpreis berechnet wird. Wir bitten die Verwaltung, noch einmal mit dem Busunternehmen nachzuverhandeln, ob ein vergünstigter Ticketpreis zugrunde gelegt werden kann, da das kostenlose Busfahren in Walldorf eben häufig für solche kurzen Strecken genutzt wird.
  2. Ein weiteres Argument: Wenn beispielsweise ein Schüler täglich mit dem Bus zur Schule und wieder nach Hause fährt und den Bus auch noch in seiner Freizeit nutzt, dann wird für jede seiner Fahrten der volle Fahrpreis berechnet. Die Stadt zahlt also deutlich mehr, als wenn der Schüler ein Monatsticket hätte - Und das Busunternehmen verdient im Umkehrschluss deutlich mehr, als das eigentlich üblich ist. Auch das spricht aus unserer Sicht dafür, dass für das kostenlose Busfahren ein vergünstigter Ticketpreis zugrunde gelegt werden muss. 

Wir sehen es also als dringend notwendig an, dass die Verwaltung noch einmal in Nachverhandlungen mit der VRN GmbH eintritt, unsere Standpunkte deutlich macht und eine Reduzierung des Ticketpreises erwirkt.

Und zum Schluss muss ich noch einen weiteren Punkt ansprechen: Der VRN hat durch das kostenlose Busfahren in Walldorf eine lukrative Einnahmequelle hinzugewonnen. Damit gehen aber auch Pflichten des VRNs einher: Es hat für ausreichend Buskapazitäten zu sorgen. Es wurde bereits mehrfach an uns herangetragen, dass vor allem morgens, wenn Schüler- und Berufsverkehr aufeinandertreffen, die Busse so voll sind, dass Passagiere zum Teil nicht mehr mitgenommen werden. Das geht so nicht! Der VRN muss sicherstellen, dass alle Passagiere in den Bussen transportiert werden können. Gerade für die Auslastung am Morgen ist also eventuell ein Gelenkbus oder sogar ein weiterer Bus in Richtung Astoria-Halle notwendig. Auch dies muss dringend mit dem VRN besprochen und realisiert werden.

Wir werden der Pauschalisierung mit gemischten Gefühlen zustimmen und möchten bereits heute klarstellen, dass wir diese Praxis bei der Neuausschreibung der Linienbündel so nicht weiter unterstützen können: Eine Verifizierung der tatsächlichen Fahrgastzahlen ist unumgänglich und muss daher endlich realisiert werden.“